Fünf vor zwölf beim Spezialglas
Im Insolvenzverfahren der Glasfabrik Telux läuft die Zeit. Ist die Firma
noch zu retten?
Von Thomas Staudt
Das zweite Insolvenzverfahren innerhalb von drei Jahren ist kein gutes
Zeichen für den Fortbestand der Telux Spezialglas GmbH. Anfang März
sollten die Gläubiger über das weitere Verfahren entscheiden. Das haben
sie auch getan und die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs beschlossen.
Ein gutes Zeichen, auch wenn Veränderungen unabwendbar sind.
Insolvenzverwalter ist der Dresdner Rechtsanwalt Albert Wolff. Noch
Anfang Februar macht er Hoffnung. Ansätze für Sanierungschancen seien
vorhanden, so Wolff damals. Sie bestehen vor allem in den mittelfristig
gesicherten Verträgen mit dem Thüringer Spezialglashersteller Docter
Optics. Die Telux beliefert den Spezialist mit Glasgemengen, die vor Ort
nur noch geschmolzen und verarbeitet werden müssen. Positiv wirkt sich
außerdem der geringe Personalbestand aus. Der geschäftsführende Inhaber
der Telux, Andreas Nelte, hat den Mitarbeiterstamm wegen der anhaltenden
Schwierigkeiten in den letzten Jahren immer weiter reduziert. Waren es
vor zwei Jahren noch über 90, sank die Zahl der Mitarbeiter bis zum
Herbst 2014 auf 35. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Dezember
vergangenen Jahres waren es 13. Weitere Pluspunkte sind laut Wolff die
guten Aussichten, einen Investor für die Telux zu finden. Einer
Sanierung aus eigener Kraft wie 2012/13 räumt Wolff dagegen kaum Chancen
ein. Andreas Nelte selbst will sich nicht zu dem schwebenden Verfahren
äußern.
Albert Wolff ist seit 1990 als Rechtsanwalt tätig und Fachanwalt für
Insolvenzrecht. Zu seinen Schwerpunkten zählen Sanierungsberatung und
Wirtschaftsmediation. Seine Kanzlei, Wolff Rapp, hat seit über zwanzig
Jahren Erfahrung auf dem Gebiet des Insolvenzrechts. Vorrangig sind nach
eigener Aussage langfristige und innovative Lösungen zur
Unternehmenssanierung.
Die Telux ist auf Glas für technische Anwendungen spezialisiert. Zum
Produktportfolio des Unternehmens gehören Brosilikatglas für die
Lichtindustrie, Glasrohre für die Elektrobranche bis hin zu Glasröhren
aus Alumosilicatglas für Solarfirmen und Automobilzulieferer. Eine
Spezialstrecke bilden Glasbauelemente und Glasschiebeanlagen für
Balkone, Terrassen und Loggien. Bis vor wenigen Jahren lag der
Hauptakzent auf der Herstellung von Lampenkolben für den Innen- und
Außenbereich, für Stadien, Hallen oder die Straßenbeleuchtung. Doch
gerade in diesem Segment macht der Telux mit zunehmender Zeit die
Konkurrenz aus Fernost zu schaffen. Die wesentlich preiswerter
produzierenden Chinesen veranlassen die Hauptkunden, Philips und Osram,
dazu, die Lieferverträge mit der Telux nicht zu verlängern. Seit Anfang
2013 wird in der Traditionsfirma in der Straße der Einheit kein Glas
mehr gemacht. Versuche, die Produktion wiederaufzunehmen scheitern aus
unterschiedlichen Gründen. Zuletzt platzt die geplante Kooperation mit
einem sächsischen Unternehmen, das für die Bereiche Automobil, Luftfahrt
und Elektro arbeitet.
Die Tradition der heutigen Telux reicht bis 1899 zurück. Damals gründet
der Unternehmer Joseph Schweig die „Neuen Oberlausitzer Glashüttenwerke“
am heutigen Telux-Standort. Zehn Jahre später sind bereits zehn Öfen in
Betrieb. Mit 900 Mitarbeitern entwickelt sich der Betrieb zum größten
Glasproduzenten für vorwiegend technische Gläser für die
Leuchtmittelindustrie weltweit. 1920 wird die Firma Osram in Berlin
gegründet. Eines der Stammwerke wird die Glashütte in Weißwasser. 1948
wird daraus das VEB Spezialglaswerk Einheit. Nach der Wende wird der
Volkseigene Betrieb 1991 privatisiert. Andreas Nelte steigt 1992 im
Auftrag der Treuhandgesellschaft ein und übernimmt ein Jahr darauf die
alleinige Geschäftsführung. Nach einer Phase relativer Konstanz leitet
2008 ein Technologiewandel einen Abwärtstrend ein, der bis heute nicht
zu stoppen ist. Die Ablösung von Bildröhren durch Flachbildschirme, für
die die Anwendung von Glas kein Thema ist, führt zur Stilllegung des
Werks 2.
Aber Insolvenzverwalter Albert Wolff macht Hoffnung. An seiner
Einschätzung hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Für ihn
stehen die Chancen für eine erfolgreiche Sanierung nach wie vor gut. Die
Antwort auf die Frage „Ist die Telux noch zu retten?“ ist in diesem Sinn
ein eindeutiges Ja. Wolff hält an seinem Plan fest, einen Interessenten
für die Übernahme der Firma zu finden. Ein Eigentümerwechsel scheint
vorprogrammiert. Ob es dazu kommt und das Unternehmen tatsächlich eine
Zukunft hat, entscheidet die Zeit.
Quelle: Sächsische Zeitung, Ausgabe Weißwasser, vom 24.03.2015
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Ein Blick auf die Uhr sagt manchmal mehr als Tausend Worte. Laut
Insolvenzverwalter Albert Wolff ist es für die Telux noch nicht zu
spät.
Foto: A. Schulze |
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